In der Welt der indischen Philosophie sind die Panchamahabhuta oder die fünf großen Elemente grundlegende Säulen, die nicht nur den Glauben und die Mystik in Indien, sondern auch den Alltag durch Praktiken wie Ayurveda maßgeblich beeinflussen. Diese Elemente gelten als die Bausteine allen Seins.
Die Fünf Elemente als Perspektiven auf die Welt
In der mystischen Welt des Yoga kann fast alles von verschiedenen Bedeutungsebenen aus betrachtet werden, und das Konzept der fünf Elemente bildet hier keine Ausnahme. Eine Perspektive verknüpft diese Elemente mit bestimmten Aspekten des Körpers. Erde symbolisiert die festen Bestandteile wie Knochen und Muskeln, Wasser repräsentiert die flüssigen Aspekte wie Blut und Speichel. Feuer verkörpert transformierende Prozesse, insbesondere die Verdauung. Das Luft-Element betrifft den Atem (und grundsätzlich alle gasförmigen Elemente und Prozesse im Körper), während Raum die Körperhohlräume wie den Mund oder die Achselhöhlen darstellt.
Diese Perspektive kann genutzt werden, um eine intensive somatische Erfahrung in der Nidra-Praxis zu gestalten. Das Bewusstsein für diese Körperbereiche und Prozesse hilft dabei, ein tiefes Körperbewusstsein zu entwickeln und eine einzigartige Form der Achtsamkeit gegenüber dem eigenen Körper zu erlangen.
Die Verwendung der fünf Elemente auf diese Weise ermöglicht es uns, jedes Thema aus fünf verschiedenen Perspektiven zu betrachten, was eine ganzheitliche Weltanschauung fördert und eine feinere, nuanciertere Wahrnehmung der Welt ermöglicht.
Die Fünf Elemente als innere Reise
Eine entscheidende Praxis in verschiedenen tantrischen Traditionen ist Bhuta Shuddhi, die Reinigung der Elemente. Diese Meditations- und Visualisierungstechnik beinhaltet die Vorstellung der Elemente im Körper, das Verständnis ihrer tieferen Bedeutung und das allmähliche Auflösen von Grobem zu Feinem.
Diese innere Reise führt den Übenden dazu, äußere Ablenkungen hinter sich zu lassen und zum Kern des Selbst vorzudringen. Sobald das Selbst erkannt wird, kehrt die Reise wieder um, geleitet von der Idee des Tantra, die „Wirklichkeit“ oder die eigene wahre Natur zu erfahren und diese Erkenntnis dann in die Welt zu integrieren. Die Elemente werden erneut auf den Körper projiziert, diesmal von subtil zu grob.
Auf diese Weise kehren Menschen im Bewusstsein ihrer wahren Natur in die Welt zurück und werden mit einem tieferen Verständnis der zugrunde liegenden Realität wiedergeboren.
(Wenn Sie tiefer in dieses Thema eintauchen möchten, empfehle ich das Buch „Tattva Shuddhi“ von Swami Satyananda. Es bietet eine umfassende und praktische Erkundung dieser Technik aus den Tantras. Bitte beachten Sie, dass die deutsche Ausgabe möglicherweise etwas schwer zu finden ist.)
Die Fünf Elemente in der Nidra-Praxis
Im Wesentlichen dient Bhuta Shuddhi als Prototyp für Nidra. Die einzelnen Übungen in Nidra folgen dem gleichen Prinzip des Übergangs vom Äußeren zum Inneren, vom Groben zum Feinen. Das Verständnis dieses Prinzips liefert wertvolle Erkenntnisse für unsere eigene Praxis und wie wir Nidra-Sitzungen anleiten.
Zunächst einmal ist es wichtig zu bedenken, was wir weglassen, wenn wir bestimmte Elemente aus unserer Nidra-Praxis ausschließen. Einige Yogalehrer lassen beispielsweise die Übungen zu Emotionen in Swami Satyanandas Nidra aus, was aufgrund ihrer Komplexität verständlich sein kann. Durch das Weglassen geht jedoch ein entscheidendes Element der Praxis verloren, insbesondere angesichts der Tatsache, dass die meisten Menschen, die Nidra praktizieren, oft emotionale Spannungen haben, die gelöst werden müssen.
Die tiefere Bedeutung der fünf Elemente kann daher als Leitfaden für eine ausgewogene und ganzheitliche Nidra-Erfahrung dienen. Um Nidra nicht nur als Entspannungstechnik zu verwenden, ist diese ganzheitliche Perspektive entscheidend, um Menschen zu tiefgreifenden inneren Erfahrungen zu führen.
Dies führt uns zum nächsten Punkt: Nidra geht darum, Menschen zu einer inneren Erfahrung zu führen. Es geht darum, Anhaftungen (oder Spannungen, wie wir es in Nidra nennen) loszulassen, um die Welt so wahrzunehmen, wie sie wirklich ist. Nidra ist darauf ausgelegt, systematisch alle Ebenen des Seins zu entspannen, um genau dies zu ermöglichen.
Sich immer wieder bewusst zu machen, insbesondere wenn wir eine neue Nidra-Sitzung gestalten, dass es in erster Linie um diese innere Reise geht, hilft uns, Nidra bewusster als Yoga-Technik einzusetzen und ihr volles Potenzial auszuschöpfen.
Schließlich sollten wir die Rückkehr aus der Nidra-Praxis betrachten, ein oft vernachlässigter Aspekt in vielen Nidra-Sitzungen. Wenn ein Schüler sich in einem tiefen Nidra-Zustand befindet, was tun wir dann? In der Regel bringen wir sie langsam in die äußere Welt zurück, und das war es. Doch wie viel nehmen sie aus der Erfahrung mit?
Wenn wir Bhuta Shuddhi in Erinnerung rufen, geht es darum, eine Reise nach innen zu machen, aber auch bewusst nach außen zurückzukehren. Durch diese bewusste Rückkehr können wir auch den Ausstieg aus der Nidra-Praxis besser gestalten.
In all meinen Nidra-Sitzungen gibt es einen entscheidenden Teil. Nachdem die Schüler am Ende der stillen Phase angelangt sind, fordere ich sie auf, sich vollständig des Zustands oder der Erfahrung bewusst zu werden, in der sie sich befinden, und ermutige sie, dieses Bewusstsein mit sich zu tragen. Dann leite ich bewusst eine „Rückkehrreise“ an, beginnend mit der Visualisierung (oft mit dem Rückverfolgen eines Pfads) und fortschreitend zu Gedanken und Emotionen, bevor schließlich Atem und Körper erreicht werden.
Diese Herangehensweise ermöglicht es, den in der Nidra erreichten Zustand umfassend in das gesamte Spektrum der persönlichen Erfahrung zu integrieren und sicherzustellen, dass die Erfahrung tatsächlich in der Welt ankommt.
Das Verständnis und die Einbindung der tiefen Bedeutung der fünf Elemente in die Nidra-Praxis bereichert nicht nur das Erlebnis, sondern hilft den Menschen auch, eine tiefere Verbindung zu ihrem inneren Selbst und zur Welt um sie herum herzustellen. Nidra wird als Yoga-Technik zu einer transformierenden Reise, die über Entspannung hinausgeht und zu einer tiefen Erforschung des Selbst und der Realität selbst führt.